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„Das bisschen streichen“ – Geschichten über frische Farbe und falsche Vorstellungen
Immer wieder kommt es vor, dass sich Kunden bereits für die Erstellung eines ersten Angebots wünschen, dass ich ihr Objekt persönlich besichtige – natürlich kostenlos. Das ist auch kein Problem. Nur hin und wieder, klaffen Wunsch und Wirklichkeit ganz besonders auseinander. Wie bei diesen Geschichten …


1 x Denkmalschutz „nur streichen“:
Eine ältere Frau rief mich mit folgender Bitte an: Ihr Haus stehe unter Denkmalschutz und müsse renoviert werden. Der Putz sei beschädigt und müsse vorher auch noch ausgebessert werden. Ansonsten: Einfach „nur“ weiß streichen. Dachuntersicht und Fenster brauchen nicht gestrichen werden. Sie wäre so froh, wenn Sie einen tüchtigen Malerbetrieb finden würde der ihr hilft. Sie sei einfach zu alt für diese Arbeiten. Dieser freundlichen Bitte kam ich sehr gerne nach. Schnell noch die Adresse aufgeschrieben und los ging`s!
Zuerst hatte ich das Haus nicht gefunden und musste bei einem Nachbarn nachfragen. Der meinte mit einem Schmunzeln: „Da werden´s an Spaß haben – das Haus ist gleich da drüben.“ Nachdem ich zweimal daran vorbeigegangen war, traf mich fast der Schlag. Denn: An dem Haus war mit Farbe und Putz allein nichts mehr zu retten. Einzig die Abrissbirne kann da noch helfen (siehe Bild 1). Nachdem ich mehrmals ohne Erfolg gelklingelt und gerufen hatte, bin ich unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Einfach ins Haus gehen, um nach der Besitzerin zu suchen., wollte ich dann doch nicht. Das Ergebnis des Nachmittags: 58 km Hinfahrt und 58 km Rückfahrt plus 2 Stunden Zeitvergeudung.
„Einfach um den Schrank drumrum streichen“
Ein Interessent aus München rief mich an, er habe eine kleine Wohnung zu streichen. Zirka 50 km von Erding entfernt. Es war Winter und auch heute noch freue ich mich über jeden Auftrag für meinen Malerbetrieb. Als ich bei der Wohnung ankam, traf mich fast der Schlag: Decken und Wände waren so braun wie Karton. Folgen von zu viel vom Nikotin. Der Mieter war starker Raucher. Auf meine Frage, ob er ausziehe oder wann er die Wohnung für die Malerarbeiten ausräumen möchte erklärte er mir, es solle nur um die Schränke herumgestrichen werden. Nein, ausräumen würde er nichts.
Auch meine Erklärung, dass man diese Wände nur mit Nikotinisolierfarbe wieder hinbekommt und die Wohnung dafür ausgeräumt werden müsse, lief ins Leere. Seiner Einschätzung nach sei das alles halb so wild: Mit etwas Farbe und 2 bis 3 Stunden Arbeit sei alles wieder Tipp-Top. So 200 bis 300 Euro würde er sich das kosten lassen. Für 2 Zimmer, Flur, Baddecke und Küche. Inklusive Anfahrt und Material. Ich bin wieder nach Hause gefahren.
„Unverschämt!“
Ein Mieter wollte seine Wohnung für den Nachmieter in Schuss bringen. 1000 Euro Kaution stünden ihm für seine 3-Zimmer-Wohnung zur Verfügung, eröffnete er mir ganz stolz. Allerdings müsse die Wohnung 2 Mal gestrichen werden, da auch die beste Farbe bei einem Mal nicht decke (siehe Bild 2). Und schließlich könne man ja auch nach 11 Jahren (das Haus war 11 Jahre alt, er war der erste Mieter) nicht erwarten, „… dass der Nachmieter die Wohnung ungestrichen übernimmt. Heutzutage will ja jeder weiße Wände und Decken.“ Als ich Ihn darauf aufmerksam machte, das 1000 Euro voraussichtlich nicht reichen werden, meinte er nur, dass wir Innungsfachbetriebe nur unverschämte Preise hätten. Das Angebot ersparte ich mir daraufhin.
„Ich dachte, es hätte gebrannt.“
Einmal war ich bei einem Kunden, der ein hatte richtig altes Bauernhaus mit Gewölbedecke im Flur. Der Putz war schon heruntergebrochen, und er zeigte mir voller Stolz, wie er mit einer Hand die Decke um 3 bis 4 Zentimeter anheben könne – weil alles nur noch mit Sand zusammengehalten hat. Als ich in die Küche kam, dachte ich erst, es hatte gebrannt: Die Wände waren fast schwarz. Nur um die Bilder und das Kreuz herum waren hellere Ränder zu sehen. Das komme vom Holzofen, erklärte er mir. Der ruße etwas. Außerdem sei die Küche seit 1942 nicht mehr gestrichen worden. Jetzt wäre es an der Zeit mal zu renovieren. Mich ärgert heute noch, dass ich das nicht fotografiert habe.
„Nur Geld von der Versicherung“
Ein anderer Kunde bestellte mich zu sich, um ein Angebot für seinen Keller einzuholen: Er hatte einen Wasserschaden. Bei seinem Anruf erkundigte er sich, ob der Kostenvoranschlag auch wirklich kostenlos sei. Sicher ist sicher. Ich machte mich also wieder auf den Weg. In dem besagten Keller platze rundum zirka 50 cm hoch der Putz ab. Zudem traten Salze aus dem Putz aus. Für das Angebot erwartete er nur beste Arbeit. Alles solle vom Feinsten hergerichtet werden. Insgesamt waren 8 Räume von dem Schaden betroffen. Alle 8 sollten einschließlich Decke gestrichen werden.
Als ich ihn darauf hinwies, dass die Decken nichts mit dem Wasserschaden zu tun haben, bat er mich, die Kosten hierfür dennoch in den Preis einzurechnen. Ganz nebenbei erkläre er mich auch – schließlich unterhält man sich ja über Dies und Das beim Ausmessen – dass er die Räume sowieso selbst streiche und nur das Geld von der Versicherung wolle. Danach bin ich gefahren – ohne ein Angebot zu machen. Zahlen wollte er für meinen Aufwand natürlich nichts. Das sei doch mein Job. Und überhaupt verstehe er nicht, warum ich darüber so ein Aufheben mache.
Sie sehen …
… Es gibt nichts, was es nicht gibt. Und auch wenn aus diesen gut gemeinten Anfragen keine Aufträge wurden: Es sind unglaubliche Geschichten, die das Leben schreibt.
Ihr Jürgen Beil